Ahmad

Niemand in meinem Freundeskreis hat ein solches Schicksal erlitten wie Ahmad. Dennoch ist er einer der fröhlichsten und stärksten Menschen, die ich kenne. Dafür bewundere ich ihn zutiefst. Dieser Thread, den ich am 12. Februar 2020 getwittert habe, erklärt warum:

Ich bin zu Tränen gerührt, weil Ahmad seine Prüfung zum @BVG_Bus-Fahrer bestanden hat. Aber der Reihe nach: Ahmad wurde im Syrien-Krieg gefoltert. Sechzig Tage lang in einem Gefängnis des Assad-Regimes. Er versuchte zwei Soldaten zu helfen, die desertieren wollten.

Auch seine damals schwangere Frau Asmaa wurde gefoltert. Beide trugen schwere Verletzungen und bleibende Schäden davon. Dank der UNO-Flüchtlingshilfe und Ärzte ohne Grenzen kamen sie frei.

Ahmad wurde dreimal operiert, auch seine Frau wurde wegen ihrer Niereninsuffizienz behandelt. 2015 kamen sie nach Berlin, weil die Charité Asmaa eine gute Behandlung ermöglichte.

Die beiden haben eine kleine Tochter (mit der Asmaa während ihrer Folter schwanger war) und einen Sohn, beides wundervolle Kinder, die ich sehr lieb gewonnen habe.

Eines Abends im August 2016, nachdem Asmaa ihre Kinder zu Bett gebracht hatte und neben ihnen eingeschlafen war, fiel sie wegen ihrer Niereninsuffizienz in eine Ohnmacht, die in ein Koma überging. Drei Wochen später starb sie.

Auf der Beerdigung erlaubte Ahmad seinen Kindern, den Leichnam ihrer Mutter zu sehen, damit sie Abschied nehmen konnten.
Überhaupt bewundere ich Ahmad, wie er seine Kinder erzieht: Er bringt ihnen Höflichkeit bei, Dankbarkeit und einen Glauben an Gott, der auf Toleranz und Offenheit beruht. Ahmad sorgt dafür, dass die beiden Kleinen jeden Tag gesund essen und fleißig für die Schule lernen. Das beharrliche Lernen lebt Ahmad ihnen vor:

Er hat Deutsch gelernt. Er hat gelernt, alleine für seine Kinder da zu sein. Und nun hat er auch noch die Busfahrer-Prüfung bestanden. Dabei hat es diese Prüfung in sich: Sehr schwere technische Fragen werden gestellt in behördlichstem Behördendeutsch.

Viermal war Ahmad durchgefallen. Nach jedem Scheitern wollte er aufgeben, und dann hat er sich doch wieder aufgerafft. Für sich, seine Frau, für seine Kinder. Und eben sagte er mir, dass er es geschafft hat.

Jetzt bitte, liebe BVG: Gebt Ahmad den Job, den er sich so redlich verdient hat. Danke.

Nachtrag, 25.3.2020: Ahmad hat sich Anfang März 2020 als Busfahrer bei der BVG beworben. Aktuell warten wir noch auf die Einladung zum Bewerbungsgespräch.

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Tim

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Sylvie